Freitag, 28. Oktober 2016

Review: Heroes and Generals – Free to Play Teamshooter aus Dänemark



Lange habe ich nach einem ordentlichen neuen Ego Shooter gesucht, der mal wieder den zweiten Weltkrieg zum Thema hat. Mit Heroes and Generals habe ich einen gefunden, der dann auch noch „gratis“ daher kommt und damit wirbt, dass neben den „Heroes“, dem EgoShooter Part, auch noch ein „Generals“-modus als Strategiespiel enthalten ist. So wähnte ich mich schon im Vorfeld als der General der seine Freunde in der Schlacht unterstützt und die Kriegsleitung übernimmt, um gemeinsam zum Sieg zu fechten.

Natürlich beginnt man in Heroes and Generals nicht als General, sondern als ein normaler Infanterist im Mannschaftsrang. Dabei entscheidet sich jeder Spieler zunächst für einen ersten Charakter, der einer der drei Fraktionen Amerikaner, Sowjetunion oder Deutschland angehört. Wichtig: sprecht euch mit euren Freunden im Vorfeld ab, welcher Fraktion ihr angehören wollt. Weitere Charaktere kosten eine Menge Credits und Fortschritte sowie Ausrüstung werden nicht von älteren Charakteren mitgenommen. Der gespielte Charakter wird durch eure Taten in den Gefechten befördert, was in erster Linie den Sold und damit die erspielbaren Credits erhöht. Diese Credits braucht ihr im Spiel für alles. Neue Ausrüstung, Munition und Reparaturen müssen ebenso von den Credits bezahlt werden, wie weitere Charaktere, Karrierelaufbahnen und Fahrzeuge. Gleichzeitig gibt es, wie bei „Free to Play“ üblich eine Premium Währung mit der man mit Echtgeld einkaufen kann.
Auch Kämpfe mit drei Fraktionen sind möglich.

In Heroes and Generals ist es möglich Panzer zu fahren, sowie als Aufklärer bzw. Scharfschütze das Spielfeld aus sicherer Entfernung zu beobachten, als auch im Jagdbomber die Streitkräfte zu unterstützen. Interessant ist jedoch vor allem, dass ihr nie alleine in den Krieg zieht. Heroes and Generals legt einen sehr großen Wert auf das kooperative Multiplayererlebnis. So wird der Spieler nicht nur immer in seiner Fraktion mit anderen zusammenspielen, sondern auch in Kampfgruppen von mindestens drei Spielern zugeteilt. Diese Kampfverbände lassen sich auch mit Freunden aus der eignen Freundesliste besetzen. Jedoch müssen alle Spieler der gleichen Grundeinheit, also zum Beispiel Fallschirmspringer, entsprechen. Dadurch ergeben sich sehr fokussierte und schlagkräftige Truppen, die jedoch auch von den anderen Spielern im Team abhängig sind.

Gleichzeitig kann ein Truppführer ab dem zweiten Level seinem Trupp grundlegende Kommandos geben, die einem „Greife dort an“ oder „Verteidige hier“ entsprechen. Das sorgt dafür, dass der Trupp in der Regel das gleiche Ziel verfolgt und sorgt durch die Bonuserfahrung, die in der Nähe solcher Ziele erhalten wird, auch bei fremden Spielern für ein recht gutes Teamplay. 

Das Spiel selbst ist ein solider, wenn auch kein besonders innovativer Taktikshooter. In den grundlegenden Spielmodi gewinnt im Regelfall immer das  Team, das die Punkte auf der Karte am besten verteidigt und vom Gegner einnimmt. Dem entspricht auch die Grafik, die recht ordentlich ist, jedoch heute sicher keinen Schönheitspreis mehr gewinnt und deutlich gegenüber anderen Spielen, wie der Battlefield oder der ARMA Serie, unterlegen ist.

Der Kampfberich offenbart, dass Töten kaum Erfahrungspunkte bringt.
Auch das Gameplay entspricht einem Standardshooter. Es gibt keine Mechaniken die besonders hervorzuheben sind und dennoch ist dies gerade eine der großen Stärken. Das Spiel läuft in der Regel langsamer als ein Battlefield ab und bekommt dadurch eine bessere Lesbarkeit. Durch die festen Kampftruppen, die gerade nicht mal eben zwischen Jet, Kampfpanzer und Fallschirmspringer wechseln können, entstehen zuweilen schön ausgeglichene Frontkämpfe, an denen ein gut organisiertes Team Frontabschnitte erobert oder gezielt Gegner ausschalten kann.

Da das reine Töten von Gegnern nur selten zum Ziel gehört, noch weniger Erfahrungspunkte und überhaupt keine Credits einbringt, ist das Erfüllen der strategischen Ziele wichtiger und die Spieler verlassen sich nicht nur auf die eigenen Kills. Dadurch entstehen gezielte Angriffe auf Positionen. Heroes und Generals fordert jedoch den Spielern durchaus ein gutes Spiel ab. So kann ein Panzerfahrer nur durch ein kleines Fenster blicken. Wenn er also von seinem Kampftrupp nicht ordentlich unterstützt wird, bleibt nur der Blick aus der Lucke. Auf diesen Moment freuen sich natürlich die gegnerischen Scharfschützen und Infanteristen, denen es oft an panzerbrechender Ausrüstung fehlt. Wenn der Panzerfahrer sich jedoch nicht umschaut, hat er praktisch keine Möglichkeit Minen zu entdecken oder sein Umfeld großflächig zu sondieren.

Das Zusammenspiel ist also in Heroes and Generals einer der grundlegenden Pfeiler und für mich eines der besten Systeme seit der DayZ Mod von Arma. Dennoch hat Heroes and Generals für mich einige Kritikpunkte, die mehr als nur an der B-Note kratzen.

Da ist zum einem das Free-to-Play Modell. Wie nicht anders zu erwarten, verfügt das Spiel über einen gewissen Grindfaktor. Der ist diesmal jedoch wirklich exorbitant. So habe ich nach über 40 Stunden Spielzeit noch immer keinen Zugang zu den Generälen und es ist auch nicht absehbar, dass ich mir in den nächsten 100 Spielstunden einen solchen leisten kann. Was leider auch der Grund ist, weshalb im aktuellen Test von mir nichts zum Strategieteil enthalten ist. Dieser extreme Verzögerungsfaktor fällt auch schon auf, wenn es darum geht andere Waffen, Tarnkleidung oder andere Soldaten zu kaufen.

Doch auch im direkten Spiel gibt es ein paar Punkte. Die Spawngebiete sind mit den eroberten Gebieten verknüpft und können dadurch bei einem schnell vorrückenden Gegner schon mal in die Gefechtsgebiete geraten oder die Spieler weit entfernt der eigentlichen Kampfzone spawnen lassen.

Gerade bei den Startinfanteristen ist der Deutsche mit dem Gewehr 43 den anderen deutlich unterlegen. Da nicht ohne weiteres die Waffe gewechselt werden kann, fällt dieser Umstand besonders auf.

Das ist also ein Grind-, ein Spawn- und Balancing Problem und dennoch macht der Shooter, und das ist die Hauptsache, richtig Spaß. Denn sobald man mit seinen Freunden zusammen Punkte absichert, oder einen Panzer in mühsamer Kleinarbeit mit Panzerfäusten in die Knie zwingt, kommt ein Gefühl der Befriedigung auf, das andere Shooter nicht liefern.

Heroes and Generals liefert also zunächst standardmäßige Shooterkost, die ein wenig sperrig daher kommt, allerdings auch sehr gut belohnt und mit seinem System die Freude über eine neue Waffe mehr als nur eine Stunde liefert und das für umsonst.

Beim Thema Jugendschutz sind hier die Eltern gefordert, denn das Produkt ist aktuell noch nicht von des USK eingestuft und damit ohne weiteres installierbar und nicht im Jugendschutzfilter. Dabei würde das Spiel im Test aufgrund der vorhandenen Shootermechaniken, der Kriegsdarstellung und dem geforderten Töten von Menschen zum Erreichen des Spielziels, wohl mindestens ein USK 16 erhalten. Hinzu kommen Microtransaktionen, die wie zum Beispiel beim General mit ca. 40 € auch mal heftig zu Buche schlagen können.

Einen Test des Strategieteils werde ich nachreichen sobald ich dazu gekommen bin mir das nötige Kleingeld zu erspielen. also wohl nicht mehr dieses Jahr.

Mittwoch, 12. Oktober 2016

Virginia

Ich stelle mich in einer Schlange an, die auf eine Bühne führt. Eine Frau prüft jeden Namen der Personen vor mir mit einer Liste in ihrer Hand. Das rote Licht der Backstage Beleuchtung wirkt bedrohlich, aber das applaudierende Publikum weckt meine Neugierde. Einer nach dem anderen werden sie von der Frau zur Bühne geschickt. Nun bin ich dran. Die Frau prüft meinen Namen, ohne mich zu fragen wie ich heiße. Mit einer Geste deutet sie auf die Bühne und ich gehe los. Blitzlichter, Applaus, ein gefüllter Saal und ein älterer Herr an einem Rednerpult. Er lächelt mich an, reicht mir die Hand und sagt kein Wort. Ich erwidere die Geste und schaue mich um. „Department of Justice Federal Bureau of Investigation“, prangert die große Flagge hinter mir an der Wand. Der Mann überreicht mir schweigend einen Ausweis mit den großen Lettern F-B-I. Applaus aus dem Publikum, Blitzlichter, dann Stille. Alle sind fort. Ich stehe allein auf der Bühne und höre nur ein monotones Piepen wie in einem Krankenhaus. Es kommt von einem Kassettenrekorder hinter mir. Ich schalte ihn aus. Stille.


Mit Verginia präsentiert das junge Entwicklerstudio Variable State sein Erstlingswerk, welches im September 2016 von 505 Games veröffentlicht wurde. Dieses recht kurze Spiel ist sehr schnell, sehr bekannt geworden, denn es unterscheidet sich in einem Punkt grundlegen von anderen Genre-Vertretern der Adventure-Spiele. Obwohl wir im ganzen Spiel mit Personen interagieren, wird kein einziges Wort gesprochen.

Handlung

Wir spielen eine junge FBI Absolventin namens Anne Tarver und erleben das Spiel aus ihrer Perspektive. Gleich zu Beginn werden wir einer Kollegin namens Halperin zugeteilt. Mit ihr zusammen bearbeiten wir den Fall um einen verschwundenen Jungen. Zugleich erleben wir die Geschichte um unsere FBI Kollegin und uns selbst. Ohne die Möglichkeit des Dialogs, müssen wir die Handlung durch genaues Beobachten der Szenerie erfassen. Trotz dieser begrenzten Möglichkeiten schafft es das Spiel eine dichte Spannung aufzubauen. Für jede neue Erkenntnis in der Geschichte stellen wir uns neue Fragen, die wir ergründen wollen. Dabei setzt das Spiel auf unsere eigene Interpretation der Geschehnisse und bietet bis zuletzt keine klaren Antworten. Metaphern, Träume und reale Handlungen vermischen sich im Spielfortschritt, sodass keine zwei Spieler alles identisch auffassen werden.

Gameplay

Wir steuern die Hauptfigur aus der Ich-Perspektive. Über die Handlung hinweg springen wir zwischen verschiedenen Orten, die uns jeweils ein begrenztes Areal zur freien Erkundung bieten. Hier kommt es nun darauf an, dass wir nach Details Ausschau halten und die wenigen, teils versteckten Gegenstände finden. So entdecken wir vielleicht einen persönlichen Gegenstand aus einer zuvor besichtigten Wohnung an einem anderen Ort und können so vermuten, dass die Person hier gewesen sein muss. Oder wir blicken hinter die Kulissen einer scheinbar normalen Familie, indem wir aus Familienfotos, den getrennten Ehebetten und dem Verhalten des streng religiösen Vaters Schlüsse über das Verschwinden des Sohnes ziehen. Mit den gesammelten Gegenständen können wir im weiteren Verlauf nichts tun. Das Aufsammeln dient lediglich der Verinnerlichung, dass wir diesen Hinweis gefunden haben. Jeder Ort, den wir besuchen, hat ein deutliches Ende und sobald wir dieses betreten oder damit interagieren, springen wir weiter in der Handlung. Dabei kann es passieren, dass wir größere Zeitabschnitte einfach auslassen und wir uns erst einmal orientieren müssen, wann und wo wir uns befinden. Wir entscheiden nicht wohin wir als nächstes gehen, denn das Spiel verläuft strikt linear. Durch diese sehr wenigen Möglichkeiten zu Interagieren und ohne eigene Entscheidungen gibt uns das Spiel den nötigen Freiraum Handlungen zu hinterfragen. Während wir durch die Geschichte geführt werden, können wir Zusammenhänge erkennen und unsere eigenen Theorien verfolgen. Wir sind wie ein Detektiv. Zwar spielen wir die Hauptfigur, erleben aber selbst nur Bruchstücke wie ein Ermittler in einem Fall, der von außen zuschaut. Damit spielt Virginia mit der eigenen Handlung um die FBI Agentin. Das eigentliche Gameplay findet also mehr in unserem Kopf statt, als an der Tastatur.

Technik

Technisch ist Verginia sicher kein Meisterwerk. Aber alle Teile passen hervorragend zum Konzept des Spiels. Die Grafik zeigt sich in einem leicht abstrakten und comichaften Stil, wodurch der Fokus auf die relevanten Dinge gelegt werden kann. Unwichtige Details entfallen einfach, ohne dass es störend wirkt. So sind Bilderrahmen leer, oder die Tastatur hat keine einzelnen Tasten. Die Steuerung ist durch die minimalen Interaktionsmöglichkeiten ebenso simpel wie fehlerfrei. Laufen, umsehen, klicken, fertig. Herausragend ist die Musik im Spiel, welche von einem Orchester eingespielt wurde. Sie ist ein tragendes Element und vermittelt die Stimmung der Szenen klar und deutlich. Ob Ruhe, Spannung, Drama oder Trauer, die Musik sitzt und hat Tiefe.

Jugendgerecht!

Freigegeben wurde Verginia von der USK ab 12 Jahren. Im Spiel gibt es keine Gewaltdarstellung oder Erotik. Zwar tauchen Alkohol und eine Anspielung auf Drogen auf, jedoch ist die Darstellung durch den Stil abstrakt und es wird kein Missbrauch propagiert. Schwieriger sehe hier die sehr komplexe und verwirrende Handlung, die für Kinder unter 12 Jahren wohl nur schwer zu erfassen sein wird. Es könnte aber gerade in der Familie einmal sehr spannend sein, dass Eltern und Kind das Spiel gemeinsam erleben und über die verschiedenen Interpretationen sprechen. Ich habe gemerkt, dass ich vieles auf Grund meiner Erfahrungen in einem anderen Blickwinkel gesehen habe als andere. Ein Kind wird die Situation in der Familie, deren Sohn verschwunden ist, anders begreifen. Das Kind wird die Perspektive des Sohnes einnehmen, Eltern hingehen die von Mutter und Vater.

Fazit

Verginia ist besonders. Wer eine vorgekaute Handlung sucht, in der man ohne viel Nachdenken abschalten kann, ist hier sicherlich falsch. Wer Adventure typisch Gegenstände kombinieren und Rätsel lösen will, geht auch besser weiter. Man muss nicht viel tun, aber sehr viel denken. Man braucht keine Lösung für etwas, sondern macht einfach weiter. Auch sollte man sich nicht scheuen am Ende verwundert und ratlos vor dem Bildschirm zu sitzen. Wen das nicht abschreckt, dem empfehle ich Virginia und wünsche zwei ruhige Stunden vertieft in den eigenen Gedanken.


Jetzt das Let's Play auf YouTube ansehen: Virginia Let's Play Folge 1