Montag, 30. Mai 2016

Stellaris - Einsteigerfreundliches 4X Strategiespiel

Ich bin nun seit ca. 2 Jahren ein Fan des Publishers Paradox. Die Spiele Europa Universalis und Cities Skyline haben mich davon überzeugt, dass kleine Studios manchmal mehr Herzblut an den Tag legen und damit besseres Schaffen als die Majorplayer. Ja Electronics Art, dieser Seitenhieb zielt auf SimCity. Mit dem Release seiner Spiele auf Steam scheint Paradox nun das Nischendasein zu verlassen und ein breiteres Publikum zu erreichen. Doch schauen wir einmal ob diese breite Aufstellung dem neuesten Spiel Stellaris, einem 4X pausierbaren-Echtzeit-Weltraumstrategiespiel schadet, oder diesem absoluten Nischengenre endlich zu mehr Aufmerksamkeit verhilft.

Rasseneditor mit einer mächtigen Auswahl.
In Stellaris verlässt man mit seiner Rasse, den eigenen Planeten um ein Imperium in der Galaxie zu erschaffen. Doch zuerst baut man diese Rasse. Dabei hat Stellaris einen wirklich gut gelungenen Editor eingebaut, der praktisch keine Wünsche offenlässt. Ob als despotisches Tentakelmonster, friedlicher Raptor oder kollektivistisch, pazifistischer Vogel, die Möglichkeiten sind enorm. Noch schnell die Waffen und Reisewahl festgelegt und schon kann meine ganz eigene Interpretation der ORls an den Start gehen. Sehr gut finde ich auch, dass die erschaffenen Rassen für deine anderen Partien verwendet werden können. So erhält Stellaris mit jeder Partie eine detailliertere Welt nach euren Vorstellungen. So treten bei mir mittlerweile fanatischen Eulen und profitgierige Echsen, meine eigene Interpretation der Teladi aus X³ Terran Conflict, gegen mich an. 

Ich wollte schon immer meinen eigenen ORl-of-Duty besitzen.
Im Spiel selbst ist Stellaris dann sehr detailreich und komplex, doch hat Paradox erstmals ein Tutorialroboter zur Seite gestellt, der über sämtliche Spielmechaniken Informiert, einem die Grundmechaniken beibringt und auch im Multiplayer funktioniert. Schade nur, dass die Informationen nur einmal aufpoppen und dann im Spiel nicht mehr nachgeschlagen werden können. Hier wäre ein kleines, wahrscheinlich doch eher ein größeres, Kompendium wirklich angebracht gewesen.

Aufgrund meiner Erfahrung mit Paradox erwies sich der Einstieg für mich als sehr einfach, doch auch H3adless der praktisch noch keine größere Erfahrung mit 4x Spielen dieser Art gemacht hat, kam nach ein zwei Partien ins Spiel. Somit ist Stellaris sicher das bislang einsteigerfreundlichste 4x das ich kenne. So wird das Forschungssystem, sowie das Erstellen von Sektoren und deren Nutzen super vermittelt.

Am Anfang des Spiels steht das erkunden der Galaxie. Ressourcen müssen gefunden, Anomalien untersucht und das Verhalten von Aliens erforscht werden. Dies passiert in kleinen, toll geschriebenen Textpassagen und die Geschichten und Folgen daraus sind echt spitze und halten den Spieler gut auf Trab. So ist für mich auch der Einstieg in die Welt jedes Mal äußerst spannend und egal ob es größere Questreihen auf der Suche nach alten Völkern und deren Technologie ist, oder kleinere wie die Zerstörung eines Asteroiden, der einen Planeten bedroht. Alles ist möglich und gut gelöst.
Eine Midgame Galaxiekarte

Natürlich findet man in dieser Zeit auch andere Völker, die die Galaxie bewohnen und ihren eigenen Herrschaftsanspruch gelten machen. Bei den NPCs gibt es auch hier eine gute Abwechslung. So können am Spielstart einige Nationen mit einem Spielvorteil versehen werden, der die Völker schneller wachsen lässt und es gibt auch sogenannte Gefallene Reiche, die zwar extrem stark sind, sich jedoch nicht mehr weiter ausbreiten. Dies sorgt im mittleren Spielsegment für einige Spannungen und eventuell auch für starke Bündnisse, doch gerade hier kommt in meinen Augen eine Schwäche ins Spiel. Das Diplomatie System ist zu starr und die Nationen untereinander nicht genug verwoben. Es ist praktisch immer absehbar, dass nur Bündnispartner in einen Krieg einsteigen und selbst wenn ich kein Bündnis habe, kann ich mich einem Krieg nicht anschließen, sondern muss meinen eigenen Krieg erstellen. Doch auch abseits der Kriege ist das Handelssystem nicht sehr ermunternd. Wenn ich nicht gerade ein absolute Top-Beziehung mit dem Gegenüber habe, sind sämtliche Handelsangebote immer abgelehnt, und auch bei sehr guten Beziehungen, lässt der Gegner meine Truppen nicht durch sein Territorium fliegen. Dies war in den EU teilen deutlich interessanter gelöst. Auch die Forderungen die aus einem Krieg resultieren sind nicht sehr abwechslungsreich, vasallisieren, Planeten abtreten oder Planeten befreien. Tributzahlungen, Religionsübernahme oder Versklavung gibt es leider nicht. Diese Forderungen müssen auch vor dem Krieg entschieden werden und können nicht im Kriegsverlauf verändert werden.

Trotzdem ist der Krieg eine optische Augenweide. Insbesondere wenn man sehr nah an das geschehen zoomt. Schade nur, dass man während einer Schlacht keinen Einfluss mehr hat außer mehr Truppen zu schicken oder den Rückzug zu beordern. Schade auch, dass der sehr gute Schiffsdesigner nicht auch für Bodentruppen genutzt wird. Der Angriff auf Planeten selbst dürfte auch gerne noch detaillierter verlaufen, hier schaut man nur auf Kreise die langsam Rot werden. 

Im Späteren Spielverlauf sollen dann andere Alienrassen die Galaxy angreifen, es zu einem Roboteraufstand kommen oder vielleicht erstarkt eines der gefallenen Reiche zu neuem Ruhm und beginnt sich wieder auszubreiten. Doch bis dato bin ich dazu leider noch nicht gekommen. Der Editor ist zu gut und ich möchte immer wieder neuen Rassen ausprobieren, deswegen bin ich trotz mehr als 100 Stunden noch nicht im Lategame angekommen. 

Zur Technik habe ich natürlich auch noch so einiges zu sagen. Das Spiel läuft bei mir sehr flüssig, Bugs die das Spiel abstürzen lassen sind noch keine dabei gewesen und auch der Multiplayer mit einer genialen Hot-Join funktioniert läuft tadellos. Dazu sieht das Spiel auch noch in den Raumschlachten grandios aus. Das Design ist clean und sehr übersichtlich, auch wenn es an einigen Stellen noch Verbesserungspotenzial gibt, was die Steuerbarkeit anbelangt. 

Bei Jugendschutz ist ein FSK 6 veranschlagt worden und dass ist durchaus verständlich, denn obwohl es Kriege, Sklaverei und sogar Säuberungsmaßnahmen gibt, sind diese nicht brutal dargestellt und werden immer aus einer ordentlichen Entfernung gesehen. Zudem vermittelt das Spiel wunderbar wie vielfältig das Leben ist und wie zum Beispiel Konflikte entstehen. Doch ist das Spiel auch sehr komplex und gemächlich, deswegen würde ich dieses Spiel eher für ein älteres Publikum sehen.
Als Eltern solltet ihr euch bewusst sein, dass bei diesem Spiel eine Stunde Spielzeit praktisch nichts ist und eine Partie deutlich länger als 10 Stunden dauern kann. Natürlich speicherbar, doch auch ein Wiedereinstieg in eine Partie braucht seine Zeit, einfach aufgrund des Spielumfangs.


Schlussendlich bin ich sehr zufrieden mit dem Spiel und ich glaube Paradox steuert mit dieser Art der 4x Titeln einer wunderbaren Zukunft entgegen. Ich bin auch nach 100 Stunden noch sehr motiviert, habe noch nicht alles erforscht und auch für Strategiefans, die im 4x noch Neulinge sind, ist der Einstieg in diese Art der Spiele noch nie einfacher oder besser gestaltet worden. Hut ab vor Stellaris, ein wirklich gutes Spiel.