Freitag, 10. Juli 2015

Titanic – Wettlauf gegen die Zeit: Facts and Fiction

Computerspiele entführen uns immer wieder in spannende Abenteuer, die uns für kurze Zeit aus dem realen Alltag entkommen lassen. Meist sind dies fiktive Geschichten, die speziell für dieses Spiel geschrieben wurden, doch manchmal zeigt uns ein Spiel einen Rückblick in die Vergangenheit. So geschieht es auch im Spiel Titanic: Wettlauf gegen die Zeit, dass ich euch vor einiger Zeit hier vorgestellt habe (http://nordvana.blogspot.de/2014/02/titanic-wettlauf-gegen-die-zeit.html) und wozu es auch ein Let’s Play auf meinem Kanal gibt (https://www.youtube.com/playlist?list=PLs5plfIlv3WkmSWEg1uw_gZUk1XMS7JKZ). Natürlich sind Spiele nicht in allen Bereichen historisch richtig. Hinter vielen Details verbirgt sich jedoch ein Funke Wahrheit und genau das habe ich bei Titanic herausgefunden. In diesem Artikel kommen nun also die Fakten auf den Tisch und wir nehmen die Geschichte unter die Lupe, dementsprechend Achtung:

SPOILER WARNUNG. In diesem Artikel werden Inhalte der Geschichte beschrieben.

Das grundsätzliche Setting bedarf sicher keiner Recherche, denn so gut wie jeder weiß um das Unglück der RMS Titanic am 14. April 1912. Fangen wir also mit ein paar Fakten zur echten Titanic an, die so natürlich auch für die digitale Kopie im Spiel gelten.


Wie genau wurde die Titanic im Spiel übernommen?

 


Modell der RMS Titanic im Appartment, 1942

RMS steht für Royal Mail Ship und bedeutet, dass das Schiff mit diesem Kürzel neben dem Transport von Passagieren und anderer Ladung die Aufgabe hat den Postverkehr der britischen Royal Mail im Vereinigten Königreich zu verschiffen. Die RMS Titanic wurde von der britischen Rederei White Star Line in der Werft Harland & Wolff in Belfast gebaut und war zu ihrer Indienststellung am 2. April 2012 das größte Schiff der Welt. Mit einer Größe von über 45.000 Bruttoregistertonnen war sie 270 Meter lang, 28 Meter breit und 53 Meter hoch. Damals eine enorme Größe, die heute niemanden mehr beeindrucken kann. Im Spiel ist diese Größe schwer nachzuvollziehen, da durch die spezielle Art der Bewegung in Standbildern kaum ein richtiges Gefühl für Entfernungen entsteht.

Auch die Titanic strebte nach Luxus. Die 1. Klasse war exorbitant ausgestattet und auch die 2. und 3. Klasse übertrafen die Ausstattung anderer damaliger Schiffe. Die Baukosten beliefen sich auf satte 7,5 Millionen US Dollar. Umgerechnet entspricht das heute über 150 Mio. Euro. Der Mythos als „praktisch unsinkbar“ wurde zuerst in der Zeitschrift „The Shipbuilder“ ausgerufen, mit weitreichenden Folgen. Im Nachhinein war dies einer der Gründe für die Popularität des tragischen Unglücks, welches bis heute zu einem der bedeutendsten Seeunglücke in der Geschichte zählt. Auch im Spiel ist der Prunk und Luxus, z. B. in den verschiedenen Kabinen, der großen Treppe oder dem Rauchsalon zu sehen.

Der Nachbau der Titanic im Spiel ist sehr akkurat und gibt den grundlegenden Aufbau sehr gut wieder. An einigen Stellen wurden jedoch Veränderungen vorgenommen, wie z. B. eine starke Verkleinerung des Empfangsaals auf dem D-Deck und das Fehlen mancher, für das reale Schiff wichtige, Bereiche, z. B. Zugänge unterhalb des Bootsdecks und Ladeluken. Besonderheiten wie das türkische Bad und der Squashplatz fanden sich auch auf dem echten Schiff.

Eines der berühmtesten Details ist der vierte Schornstein, der bei der echten Titanic und im Spiel eine Nachbildung war. Zur Zeit des Baus der Titanic waren Schiffe mit vier Schornsteinen modern und sehr beliebt bei Passagieren. Jedoch war der vierte Schornstein der Titanic keine reine Dekoration, sondern diente der Belüftung der Kesselräume und der Kombüse (Schiffsküche), wodurch an Deck weniger Lüftungen nötig waren und so mehr Platz zur Verfügung stand. Im Spiel kann man diesen Schornstein auch von innen begehen und an dessen Spitze steigen.

Gab es den Hauptcharakter wirklich?

 

Im Spiel verkörpern wir den britischen Geheimagent Frank Carlson und beginnen 14. April 1942 in seinem Apartment. Wir finden über Frank heraus, dass er nach seinem Einsatz auf der Titanic aus dem Geheimdienst entlassen wurde und dass er nun als Uhrmacher arbeitet. Ob tatsächlich britische Agenten auf der Titanic waren, kann nicht nachgewiesen werden. Aber Frank Carlson hat es geben und er stand auf der Passagierliste. Verschiedene Berichte widersprechen sich und besagen teilweise er sei ertrunken, oder hätte die Fahrt wegen eines Autounfalls verpasst. Zudem taucht der Name in verschiedenen Schreibweisen auf. Alle Indizien deuten aber darauf hin, dass er mit der Titanic fahren wollte. Vielleicht hatte der Glück.

Sind die Kunstwerke im Spiel echt?

 

Rubaiyat Handschrift

Für den erfolgreichen Abschluss aller Aufgaben müssen wir vier Gegenstände finden und von der Titanic retten. Früh am Anfang der Geschichte werden wir von Penny Pringel auf die Suche nach der Rubaiyat Handschrift geschickt. Dieses Buch, oder eher eine Kopie, befand sich tatsächlich auf dem Schiff und wurde kurz vorher versteigert, um nun nach New York gebracht zu werden. Darin befindet sich eine Sammlung von persischen Gedichten der Jahre 1048-1131, die bis heute nicht geborgen wurde.



Notizbuch
Von Oberst Zeitel müssen wir ein Notizbuch ergaunern, in dem Namen russischer Revolutionäre stehen, die versuchen den Zar Nikolaus II. zu stürzen. Das Notizbuch selbst ist zwar eine Erfindung und der Transport dessen nach New York etwas fragwürdig, dennoch ist die Historie dahinter real. Die russische Revolution war schlussendlich erfolgreich und Nikolaus II. verlor als letzter Kaiser Russlands 1918 sein Leben.




Diamantkette

Georgia Lambeth tritt als alte Bekannte von Protagonist Frank früh in der Geschichte auf und zunächst übergibt sie uns unwissentlich eine Fälschung der Diamanthalskette. Die echte Halskette, wie auch die Rubaiyat, soll von Sascha Barbicon verkauft werden. Ein Teil des Erlöses soll zur Finanzierung des serbischen Geheimbunds genutzt werden, der für ein vereintes Großserbien kämpft. Die Schwarze Hand gab es wirklich und ist für zahlreiche terroristische Anschläge verantwortlich, darunter das Attentat von Sarajevo, dem Auslöser des Ersten Weltkriegs.

Gemälde
Das letzte und wohl historisch wichtigste Stück ist das Gemälde welches geheime Informationen über die britischen Truppen verbergen soll. Letztendlich stellt sich heraus, dass dies eines der Werke von Adolf Hitler ist, welcher durch die Rettung des Gemäldes von der Titanic ein berühmter Künstler wird. Diese fiktive alternative Version spielt darauf an, dass Adolf Hitler sich wirklich vor seinem politischen Werdegang als Künstler versucht hatte, jedoch hier nicht erfolgreich war. Der historische Hintergrund ist real, die Wahrheit jedoch ganz anders.


Welche der Personen auf der Titanic gab es wirklich?

 

Kurz gesagt ist keine der Personen, denen wir auf der Titanic im Spiel begegnen real. Werfen wir aber einen Blick auf die Passagierliste beim Zahlmeister, sind hier jedoch eine Reihe von namenhaften Persönlichkeiten zu finden, die ich folgend kurz zusammenfasse:

  • Edward John Smith, Kapitän der Titanic, † Tatanic
  • John Jacob Astor IV, US-amerikanischer Geschäftsmann, Erfinder und Schriftsteller, † Titanic
  • Madeleine Astor, † 1940
  • Joseph Bruce Ismay, Direktor der White Star Line, † 1937
  • Molly Brown, US-amerikanische Frauenrechts-Aktivistin, † 1932
  • Thomas Andrews, Jr., irischer Schiffskonstrukteur, † Titanic
  • Archibald Willingham Butt, US-amerikanischer Militärberater, † Titanic
  • Isidor Straus, deutsch-amerikanischer Geschäftsmann und Politiker, † Titanic
  • George Quincy Clifford, † Titanic
Auf der Titanic befanden sich noch weitere bekannte Personen, die im Spiel jedoch nicht auftauchen. Kleiner Fakt am Rande: Das Laderegister für die Fracht stimmt zu großen Teilen mit dem der echten Titanic überein.

War der Untergang genauso wie im Spiel gezeigt?

 

Im Spiel erleben wir vom Untergang selbst eher wenig. Das Schiff trifft auf den Eisberg, welches in einer Zwischensequenz gezeigt wird. Eigentlich erfahren wir im Spiel mehr über die möglichen Ursachen. Da wäre der Brief, der davon berichtet, die Titanic sei mit schlechtem Stahl gebaut. Dies ist zwar eine verbreitete Theorie, jedoch falsch. Für die Titanic wurde der gleiche Stahl verwendet, wie für andere Schiffe in der Zeit. Die echte Titanic litt eher unter der Art wie die Nieten zur Verbindung der Stahlplatten eingebracht wurden. Die Nietenlöcher wurden kalt gestanzt, wodurch Haarrisse im Stahl entstehen und die Stabilität beeinträchtigt wird.

Um das Vertrauen von Offizier Murrow zu erlangen, müssen wir sein Fernglas finden, welches er verlegt hat. Dabei erfahren wir, dass der Ausguck ebenfalls ohne Ferngläser nach Eisbergen Ausschau halten muss. In Wirklichkeit war dies tatsächlich der Fall. Ferngläser waren wichtig und auch wertvoll, weshalb sie in einem Tresor aufbewahrt wurden. Bei einem Besatzungswechsel vor der Überfahrt ging ein Offizier mit dem Schlüssel von Bord.

Als die Rettungsboote zu Wasser gelassen werden, heißt es, es gibt zu wenig Bote für alle und Frauen und Kinder sollen zuerst einsteigen. Es hält sich das Gerücht, dass weniger Rettungsboote verladen wurden, um den Ausdruck des „unsinkbaren Schiffs“ zu bestärken und die Passagiere nicht zu verunsichern. Dies ist jedoch völlig falsch. Richtig ist jedoch, dass für die 2200 an Bord befindlichen Passagiere in den 20 Booten nur für 1178 Platz gewesen wäre. Zugelassen war die Titanic für 3300 Personen. Interessanter Weise war dies von offizieller Sicht jedoch nicht zu wenig, denn dem damaligen Gesetz nach wären lediglich 756 Rettungsplätze nötig. Vor dem Unglück rechnete niemand damit, dass ein Schiff zeitgleich vollständig evakuiert werden muss, sondern man plante lediglich mit einer Übersetzung auf ein anderes Schiff.

Am Ende sehen wir im Spiel wie das Heck sich hebt, einer der Schornsteine umfällt, der Bug abreißt und versinkt. Schließlich geht auch das Heck im Atlantik unter. So, wenn auch viel langsamer, ging auch die echte Titanic unter und 1514 Menschen kamen ums Leben.

Was steckt hinter dem Ende von Titanic?

 

Ohne die Lambeth-Diamanten und die Rubaiyat schlagen Vlads Pläne für die Schwarze Hand fehl. Die Schwarze Hand kann das, im Jahr 1914 geschehene, Attentat am österreichischen Erzherzog Franz Ferdinand nicht durchführen. Ohne dieses Ereignis gibt es keinen Ersten Weltkrieg. Das gerettete Gemälde macht Adolf Hilter zu einem erfolgreichen Künstler, wodurch er nie in die Politik einsteigt und auch kein Zweiter Weltkrieg aufkommt. Mit dem Notizbuch scheiterte die russische Revolution und Stalin, Lenin und Trotzki werden ermordet. Die Zarenregierung bleibt bestehen und es entsteht keine Sowjetunion. Die alternative Geschichte im Spiel endet in einer Welt des Friedens und des Fortschritts.

Ist das Spiel mit seinem historischen Bezug eine Ausnahme?

 

Titanic: Wettlauf gegen die Zeit ist besonders gut darin, sich dicht an der realen Geschichte zu orientieren und dennoch eine neue Wendung zu präsentieren. Viele Spiele haben ebenfalls einen historischen Hintergrund, doch in Titanic wird uns gezeigt, wie sehr sich kleine Dinge potentiell auf den Lauf der Geschichte auswirken können. Darin liegt die Stärke von Titanic und für mich die große Besonderheit, wodurch es zu einem meiner persönlichen Klassiker wurde. Es lässt mich darüber nachdenken, dass unsere Vergangenheit nicht vorgeschrieben war, sondern viele kleine Dinge mehr oder weniger zufällig zu unserer heutigen Welt führten.

Andere Spiele legen hier z. B. einen anderen Fokus. Das Strategiespiel Europa Universalis spielt auch vergangene Konflikte nach und ermöglicht so auch, alternative Geschichten zu spielen. Ein vereintes Europa unter französischer Flagge oder ein christliches Osmanisches Reich? Alles kann geschehen. Aber auch Titel wie Battlefield haben einen realen geschichtlichen Hintergrund, welcher jedoch meist nur das Setting erklärt. Geschichte spielt also eine wichtige Rolle in Spielen und inspiriert Entwickler immer wieder aufs Neue. Wir lernen, dass unsere heutige Welt nicht unveränderlich ist und fragen uns zurecht, wie im Anfang von Titanic: „Was wäre, wenn man die Vergangenheit ändern könnte?“

Fazit 

 

Es gibt noch viele kleine Details auf die ich hier gar nicht eingehen konnte. Aber man sieht Eindrucksvoll wie viel Wahrheit in diesem Spiel steckt. Besonders die Referenzen auf die reale Geschichte haben mir sehr gefallen, auch wenn das gute Ende sehr utopisch ist. Es gibt auch ein paar schöne Trivia-Fakten zu Titanic, die ich euch aber erst im Video zum Artikel zeige. Hier betrachten wir die Dinge direkt am Schiff und stöbern ein wenig tiefer in der Vergangenheit. Wie findet ihr die Geschichte von Titanic: Wettlauf gegen die Zeit? Ist euch Geschichte in Spielen wichtig und sollte sie der Realität entsprechen? Ich bin gespannt auf eure Kommentare. Links zum Video und zum Let’s Play findet ihr unten.

Link: Titanic Wettlauf gegen die Zeit -  Fact or Fiction Teil 1
Link: YouTube Let's Play zu Titanic: Wettlauf gegen die Zeit


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